Kunsthalle St. Annen
Mächtige Achteckpfeiler, Bögen und Bogennischen und die Umfassungswände aus Backstein
– das ist alles, was bis heute geblieben ist von der Kirche des St. Annen-Klosters. Feuer hatte sie 1843 zerstört, wie auch Teile des St. Annen-Klosters, das zu jener Zeit als Armen-, Werk- und Zuchthaus genutzt wurde. Das Klostergebäude wurde wieder aufgebaut, die Kirche blieb Ruine. Große Teile wurden 1875 abgetragen. Die historischen Reste sind heute Teil der beeindruckenden Kunsthalle St. Annen, die 2003 auf dem Grundriss der Kirche errichtet wurde.
Die Possehl-Stiftung machte sie der Hansestadt zum Geschenk. Endlich verfügte Lübeck nach mehreren Anstößen im letzten Jahrhundert über moderne Räume auf höchstem technischen und ästhetischen Niveau für die Ausstellung moderner Kunst. Damit hat die ständige Sammlung der Kunst mit dem Schwerpunkt nach 1945 in Lübeck einen höchst anspruchsvollen Ort der Präsentation gefunden. Außerdem wird die Kunsthalle durch wechselnde Ausstellungen vorwiegend zeitgenössischer Kunst bespielt. Das Gebäude selbst ist ein Kunstwerk.
Für seine Architektur, für die die Architekten Ingo Siegmund und Georg Konermann-Dall verantwortlich zeichneten, erhielt die Kunsthalle St. Annen im Jahr der Fertigstellung den Hauptpreis des Bundes Deutscher Architekten Schleswig-Holstein. Ein Grund: die auf wunderbare Weise geglückte Synthese von Alt und Neu. Die Erinnerung an die vor 150 Jahren zerstörte Kirche wird auf ergreifende Weise wachgehalten, die Geschichte nicht geleugnet, sondern integriert. Der neue Bau besteht innerhalb der alten Mauern und ist doch nicht historisierend, sondern im Gegenteil selbstbewusst modern – ein Bekenntnis zu Zeitgenossenschaft und Vergangenheit zugleich.
Die Kunsthalle ist ein einzigartiges, in seiner gelungenen Formensprache vollkommenes Gebäude. Rund 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bietet das von außen ungegliedert und monolithisch wirkende Gebäude – im Inneren ist der Gang durch die unterschiedlich dimensionierten Räume auf vier Ebenen ein spannendes Raumerlebnis. Schlichter Sichtbeton interpretiert den historischen Kirchenraum neu, er rekonstruiert ihn nicht.
Altes Backsteinmauerwerk in der Apsis und der in den oberen Geschossen fortgesetzte Grundriss der Kirche erhalten die sakrale Aura. Platz in den neuen Räumen – und ehemaligen Seitenschiffen – hat auch ein schönes Kunstcafé und ein gut sortierter Kunstladen.
Das Sommerfoyer, der offene Innenhof, ist ein kommunikativer Ort, der zum Verweilen einlädt. Den Eingang zu ihm bildet das erhaltene Kirchenportal, zu dessen Seiten das Figurenpaar „Adam“ und „Eva“ von Lothar Fischer den Kunstpilger begrüßt.